(TL). In einem erschreckenden Beispiel für ausufernde IT-Kosten hat sich die australische Regierung in eine schwindelerregende Kostenfalle mit Salesforce verstrickt. Innerhalb von nur drei Jahren haben sich die Ausgaben für einen Softwarevertrag mit dem Tech-Giganten mehr als verzwanzigfacht, und ein Ende dieser Eskalation ist nicht in Sicht.
Vom Startschuss zum Kostenmonster
Der Ursprung des Problems liegt im Jahr 2019, als die National Disability Insurance Agency (NDIA) unter der Leitung des damaligen Ministers Stuart Robert einen Vertrag für eine Customer-Relationship-Management (CRM) Plattform mit Salesforce genehmigte. Was ursprünglich als überschaubare Investition von 9,5 Millionen US-Dollar geplant war, hat sich inzwischen zu einem Albtraum entwickelt: Die Kosten sind bis 2022 auf unglaubliche 210 Millionen US-Dollar angestiegen.
Besonders besorgniserregend ist, dass bereits im April 2020, als der Rahmenvertrag für 5.000 Nutzer unterzeichnet wurde, die Kosten auf 27,5 Millionen US-Dollar fast verdreifacht wurden. Obwohl nur die Hälfte der geplanten Lizenzen im ersten Jahr genutzt wurden, schossen die Ausgaben weiter in die Höhe.
10.000 Lizenzen für 5.000 Nutzer – Reine Geldverschwendung?
Die Situation spitzte sich weiter zu, als die NDIA im Jahr 2022 plötzlich für 10.000 Nutzerlizenzen bezahlen musste – obwohl die Behörde selbst nur rund 5.000 Mitarbeiter beschäftigt. Diese krasse Fehleinschätzung und das Missmanagement führten zu einem massiven Anstieg der Kosten, was nun die Aufmerksamkeit des nationalen Antikorruptionsausschusses auf sich zieht.
Ein Bericht von Ernst & Young (EY) zeigt klar, dass das Problem hausgemacht ist: Die Regierung hat es versäumt, eine saubere Trennung zwischen Geschäftserfordernissen und IT-Anforderungen vorzunehmen. Stattdessen hat man sich offenbar blindlings in den Vertrag gestürzt, ohne die tatsächlichen Bedürfnisse genau zu analysieren.
Fragwürdige Praktiken und großzügige Geschenke
Doch damit nicht genug: Der Bericht enthüllt zudem, dass Salesforce-Manager NDIA-Beamte mit teuren Geschenken und Einladungen umwarben. Über einen Zeitraum von fünf Jahren wurden mehr als 100 solcher Fälle dokumentiert, darunter fast 50 Posten im Wert von über 100 australischen Dollar pro Person – von üppigen Mahlzeiten bis hin zu luxuriösen Golfausflügen.
Besonders pikant: Diese Geschenke wurden weder ordnungsgemäß genehmigt noch in den erforderlichen Compliance-Protokollen vermerkt. Dies wirft ein scharfes Licht auf die möglichen Interessenkonflikte und die fragwürdigen Entscheidungen, die zu der aktuellen Kostenexplosion führten.
Bevorzugung internationaler Anbieter – Ein nationales Dilemma?
Rupert Taylor-Price, Geschäftsführer des australischen IT-Unternehmens Vault Cloud, kritisierte offen die Tatsache, dass australische Anbieter bei solchen Verträgen oft übergangen werden. Laut Taylor-Price könnten heimische Unternehmen ähnliche Lösungen zu einem Bruchteil der Kosten anbieten und somit auch der heimischen Wirtschaft einen Schub verleihen.
Die Kombination aus massiv steigenden Kosten, unklaren Entscheidungsprozessen und der Bevorzugung internationaler Anbieter lässt ernsthafte Zweifel an der Kompetenz und Integrität der Verantwortlichen aufkommen. Es bleibt abzuwarten, wie die nationale Regierung auf diese Enthüllungen reagieren wird und ob rechtliche Konsequenzen für die beteiligten Akteure folgen.
Der Fall der NDIA und Salesforce zeigt eindrucksvoll, wie schnell aus einer gut gemeinten IT-Investition ein finanzielles Desaster werden kann. Fehlende Kontrolle, mangelnde Transparenz und dubiose Praktiken haben zu einer Kostenlawine geführt, die die australischen Steuerzahler teuer zu stehen kommt.