Der individuelle Mensch und die Politik: Zwischen Freiheit und Anpassung
Die unsichtbaren Fesseln – Ein Unternehmer kämpft gegen den Anpassungsdruck
(TL). Lukas Klein hatte einen Traum: Ein Unternehmen, das völlig anders funktioniert – frei von starren Hierarchien, in dem Mitarbeitende ihre Ideen offen einbringen und flexibel arbeiten können. Doch sein Traum vom „freisten Arbeitsplatz Deutschlands“ wird schnell zum Albtraum. Der Grund? Der Druck, sich in das wirtschaftliche und gesellschaftliche System einzufügen, das auf Normen und Leistungsdenken basiert.
Lukas gründete das Unternehmen „LibreTech“ (Anm.d.Red.: Name geändert) im Herzen Hamburgs, inspiriert von den Prinzipien der Selbstbestimmung und Eigenverantwortung. LibreTech, ein IT-Dienstleister für mittelständische Unternehmen, war nicht nur ein Job für die Mitarbeitenden, sondern ein gemeinschaftliches Projekt. Ein Hauptmerkmal: Jede*r sollte selbst entscheiden, wie, wann und wo gearbeitet wird. Die Mitarbeitenden konnten ihre eigene Arbeitszeit und ihre Projekte wählen. Kein Zwang, keine Regeln – nur das gemeinsame Ziel, innovative Lösungen zu entwickeln.
Doch der Anpassungsdruck von außen war stark. Investoren warfen Lukas bald vor, die Kontrolle über das Unternehmen aufzugeben und keine festen Strukturen einzuführen. „Wir brauchen Zahlen, Kennzahlen! Wie wollen Sie so Profite steigern?“ drängten die Investoren, während LibreTech gerade seinen ersten Kundenvertrag unterschrieb. Banken lehnten Kredite ab, da sie LibreTechs Managementstil für „unzuverlässig und zu locker“ hielten. Hinzu kamen rechtliche Schwierigkeiten, denn einige Vertragsstrukturen, die Lukas einführte, kollidierten mit den Arbeitsgesetzen.
Der Druck auf die Belegschaft wuchs. Die Mitarbeitenden, die sich Freiheit und Kreativität erhofft hatten, fühlten sich plötzlich von externen Erwartungen bedrängt. „Freiheit im Unternehmen ist großartig, aber wenn ich jedes Quartal meinen Wert beweisen muss, verliert das Ganze seinen Sinn“, beklagt sich eine Mitarbeiterin der Generation Z. Obwohl sie an die Vision glaubte, hatten die Anforderungen an schnelle Umsätze und steigende Gewinne einen Einfluss auf ihre Entscheidungen. Die Flexibilität wich allmählich den Forderungen nach Effizienz und Leistung.
Eines Tages, nach einer besonders angespannten Investorenversammlung, gab Lukas nach. „Anpassung oder Bankrott“, hieß es in der Diskussion, und er willigte ein, die Unternehmensstruktur stärker zu zentralisieren. LibreTech wurde umgebaut, mit standardisierten Arbeitszeiten und festgelegten Zielen für die Belegschaft. Freiheit und Autonomie waren Geschichte. Die ursprüngliche Vision eines Arbeitsplatzes, der den Menschen und seine Freiheit in den Mittelpunkt stellt, war den wirtschaftlichen Zwängen zum Opfer gefallen.
Lukas ist heute zwar der Geschäftsführer eines erfolgreichen Unternehmens, aber seine Enttäuschung ist spürbar. „Am Ende“, sagt er, „zählt der Mensch für Investoren und Behörden nur als Produktionsfaktor, nicht als Individuum. Was ich aufbauen wollte, ist mit der Anpassung an das System verschwunden.“ Viele der Mitarbeitenden, die an das Projekt geglaubt hatten, verließen das Unternehmen, da sie sich von der strikten Struktur eingeengt fühlten.
Die unsichtbaren Fesseln des Systems zwangen LibreTech in ein konventionelles Modell, in dem persönliche Freiheit und Anpassung an die wirtschaftlichen Vorgaben kaum mehr nebeneinander existieren können. Der Kampf um die freie Selbstentfaltung verlor gegen den Anpassungsdruck – ein Beispiel, das zeigt, wie wenig Raum eine funktionierende Wirtschaft dem Individuum lässt, das einen anderen Weg gehen will.